L for Liberty

…because liberty is not negotiable.

Ja, ich lebe noch… und hier meine Gedanken zum Brexit und zum Erstarken der AfD

Manche treuen LfL-Leser werden sich fragen ob ich eigentlich noch lebe, weil hier so lange jetzt schon nichts mehr von mir zu lesen war. FB-Freunde sehen, dass ich noch lebe, aber weniger als früher über Politik schreibe. Stattdessen wieder viel über Fußball. Seit 1860 München wieder im Sechzgerstadion in Giesing spielt (somit ein langgehegter Traum von mir wahr wurde), bin ich wieder regelmässig in München (so auch das nun folgende Wochenende wieder, Heimspiel gegen CZ Jena.) Letzten Samstag spielte ich simultan gegen unsere acht Kinder im Schachklub und gewann knapp mit 5-3. Meine parteipolitische Aktivität auf Kommunalebene hatte Sommerurlaub, wird aber alsbald wieder aufgenommen.

Trotz anderer Prioritätensetzung in meinem Leben will ich nun doch mal wieder kurz auf zwei brisante weltpolitische Themen eingehen. Nämlich auf das Chaos um Brexit und das Erstarken der AfD.

1. Brexit

Ich bedauere es ausserordentlich, dass nach drei Jahren noch immer keine „saubere Scheidung“ vollzogen wurde. Zwar hätte ich mir persönlich ursprünglich ein Verbleiben Großbritanniens in der EU gewünscht, doch nach dem Referendum am Luxemburger Nationalfeiertag 2016 hoffte ich sofort auf eine möglichst saubere Scheidung, nach der beide Seiten nach vorne blicken und auch in Zukunft gute Kontakte aller Art zueinander unterhalten könnten. Ob in oder ausserhalb der EU, die Briten sind unsere Alliierten, NATO-Bündnis- und Handelspartner. Nunmehr stand ich auf der gleichen Seite wie der von mir stets hochgeschätzte Daniel Hannan, dessen Kolumnen ich gerne lese.

Leider ist es nicht zu dieser sauberen Scheidung gekommen. Ein Scheidungskrieg entbrannte. In GB sind die Fronten verhärteter denn je. Die Menschen identifizieren sich sogar mittlerweile eher als Brexiteer oder Remainer denn als „links“ oder „rechts“ oder Sympathisant einer bestimmten Partei. Die Einen wollen einen „no-deal-brexit“, die Anderen ein zweites Referendum. Wie konnte es soweit kommen?

Die Hauptschuld sehe ich eigentlich bei den Verhandlungsführern der EU. Eine schöne bzw. vielmehr unschöne chronologische Zusammenfassung des schmutzigen Scheidungskrieges findet sich hier (in englischer Sprache!).

Als Liberaler und Anhänger eines stark föderalistischen „Europas der Regionen“ bedauere ich seit langem m.E. grundfalsche Entwicklungen innerhalb der zunehmend zentralistischeren EU. Die Brexit-Verhandlungen (und eigentlich auch die Zusammensetzung der Kommission von der Leyen, über die Martin Sonneborn sich herrlich lustig machte) bestärken leider meine Skepsis ob diese EU überhaupt noch sinnvoll reformierbar ist oder in mehr oder weniger naher oder ferner Zukunft an der Arroganz mancher Spitzenpolitiker zerbrechen wird.

Ich war immer ein großer EU-Befürworter, ich habe 2004- im Gegensatz zur rebellischen Escher Majorität- wie die meisten Luxemburger für die EU-Verfassung (den sogenannten „Lissabon-Vertrag“) gestimmt, aber über die Jahre hinweg entwickelte sich bei mir eine gewisse Euroskepsis, die mitnichten irgendwie anti-europäisch ist, sondern eben kritisch gegenüber gewissen politischen Institutionen mit gravierenden demokratischen Defiziten. Ich empfehle hierzu auch dieses wunderbare Video mit meinem Landsmann und früheren Parteikollegen Bill Wirtz.

Zum Schluss hin möchte ich noch anmerken, dass ich sicher keine Sympathien für Nigel Farage habe. Dieser Mann legt eine Respektlosigkeit gegenüber politischen Gegnern an den Tag, die ich missbillige und verkörpert perfekt das vergiftete politische Klima in GB und den USA. Ich wünsche mir hingegen einen respektvollen, offenen Dialog mit Andersdenkenden. Und von Nationalisten halte ich erst recht REIN GAR NICHTS. Damit zu Punkt zwei.

2. Das Erstarken der AfD

Hierzu empfehle ich diesen Artikel im Focus. Ursprünglich wurde die alte Lucke-AfD vor allem von enttäuschten FDP-Wählern großgemacht. Jene hatten der FDP die Zustimmung zum ESM 2011 (immerhin nach einer parteiinternen basisdemokratischen Mitgliederabstimmung) nicht verziehen. Als Resultat flog die FDP für fünf Jahre aus dem Bundestag und der Aufstieg der AfD begann. Zu diesem Zeitpunkt waren Kritik an der auch von mir harsch kritisierten „Eurorettungspolitik“ und an der vorschnellen Energiewende (bzw. dem überhasteten Atomausstieg, geboren aus einer irrationalen Fukushima-Hysterie) Kernpunkte des AfD-Programms. Kernpunkte, die gerade Leute ansprachen die sonst eher FDP oder Union wählen.

Es folgte die Flüchtlingskrise und die Wende der AfD hin zu einer Partei, die vor allem zur Migrations- und Asylpolitik Deutschlands umstrittene Vorschläge einbrachte. Damit sprach sie vor allem enttäuschte Unionswähler an, die mit Angela Merkels Kurs nicht einverstanden waren. Islamkritik und Kritik an der deutschen Klimapolitik gehören zudem ebenfalls zum Markenkern und treffen offenbar einen Nerv bei vielen Menschen.

Wie der Focus richtig erkannt hat, ist die AfD KEINE bürgerliche oder konservative Partei. Ich wage jedoch zu behaupten dass viele Konservative sie dennoch wählen, weil sie der Meinung sind, dass die ihnen wichtigen Themen (Euro-/EU-Politik, Energiepolitik, Migrationspolitik) leider nur dort eine Heimat haben. Sie wählen die AfD nicht wegen ihrer braunen Flecken und verbaler Ausfälle von Leuten wie Höcke oder dem mittlerweile ausgetretenen Poggenburg, sondern trotz denselben. Dies mag unverantwortlich sein, dennoch müssen diese Menschen wieder eingefangen werden. Hierbei wäre es aus meiner Sicht hilfreich, wenn Union und FDP gewisse oben genannte erzkonservative und/oder erzliberale Positionen im Programmangebot hätten. Nur so kann der AfD mittelfristig das Wasser wieder abgegraben werden.

September 12, 2019 - Posted by | Großbritannien | , , , , , ,

2 Kommentare »

  1. auch mein interessenschwerpunkt hat sich von politik abgewendet umso schöner finde ich das wir (immer noch) ähnlicher meinung sind – herzlichste grüße aus sachsen

    Kommentar von martin riegeros | September 12, 2019

  2. Ausgerechnet die alte Kommunistin Sarah Wagenknecht spricht mir aus der Seele:

    😉

    Kommentar von CK | September 23, 2019


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