L for Liberty

…because liberty is not negotiable.

Damals, vor 14 Jahren – zum Gedenken an Jitzchak Rabin

Am 4.November 1995 geschah es. Jitzchak Rabin, damaliger israelischer Ministerpräsident, wurde von dem jüdischen Rechtsextremisten Jigal Amir erschossen. Eine Tat, die die ganze Welt, aber vor allem Israel selbst schockierte. Doch wer war dieser Rabin? Zeit für einen kleinen Rückblick auf sein Leben.

Jitzchak Rabin wurde am 1.März 1922 in Jerusalem geboren als Sohn eines gebürtigen Ukrainers namens Nehemia Rabin und der russischstämmigen Rosa Cohen, die unter dem Spitznamen „Rote Rosa“ bekannt wurde, als erste Führerin der Hagana in Haifa diente und sich für Frauenrechte einsetzte. Rabin entstammte einer sozialistisch und säkular orientierten Familie. Er besuchte folgerichtig auch eine Schule für Arbeiterkinder und bestand später sein Abitur an einer Landwirtschaftsschule.

1941 wurde Rabin im Kibbuz Ramat Johanan für die neu gegründete Palmach, eine Eliteeinheit der Hagana, rekrutiert. Jene nahm im zweiten Weltkrieg unter der Führung der britischen Armee an militärischen Einsätzen in Syrien und im Libanon teil. Insgesamt dienten während des Krieges mehr als 30.000 palästinensische Juden in der britischen Armee. Viele Juden meldeten sich freiwillig um den Jischuw zu schützen. David Ben Gurion hatte bereits am 12. September 1939 in einer Ansprache folgende, nachvollziehbare Devise ausgegeben:

„Wir müssen den Engländern im Krieg helfen, so als gäbe es kein Weißbuch, und wir müssen uns gegen das Weißbuch wehren, als gäbe es keinen Krieg.“

Nachdem Erwin Rommel 1942 in El Alamein besiegt worden war und ein deutscher Durchbruch in Nordafrika somit verhindert wurde, beendeten die Briten jedoch ihre Unterstützung der Hagana. Nach langen Verhandlungen wurde 1944 allerdings eine Jüdische Brigade innerhalb der britischen Armee gegründet. Ihr Brigadeabzeichen war ein Davidstern, ihre Einheit gehörte zur britischen 8. Armee. Sie war die erste ausschließlich jüdische Militäreinheit, die in einem Krieg diente, bestand aus 5.000 Soldaten und wurde im September 1944 in Italien eingesetzt. Die Auflösung erfolgte 1946.

Nach dem zweiten Weltkrieg brachen die alten Konflikte zwischen Briten und Juden in Palästina erneut auf. Die Mandatsregierung hielt an den strengen Einwanderungsquoten für Juden fest. Selbst Holocaustüberlebenden wurde die Einwanderung systematisch verweigert und etliche von ihnen wurden in Auffanglagern auf Zypern oder auch in Palästina selbst, interniert. Rabin half bei mehreren mutigen Befreiungsaktionen aus solchen Lagern sowie bei sogenannten „illegalen Einwanderungen“.

Leah Rabin, die Witwe Jitzchaks, schrieb in ihrem Buch „Ich gehe weiter auf seinem Weg“ hierzu:

„Im Oktober 1945 nahm Jitzchak an einer äußerst riskanten Militäraktion zur Verteidigung der Rechte dieser Einwanderer teil. Es handelte sich um ein Kommandounternehmen in Atlit, einer südlich von Haifa gelegenen kleinen Stadt am Mittelmeer. Dort waren in einem Lager zweihundert – nach britischer Auffassung „illegale“ – Einwanderer interniert. Die Briten planten ihre baldige Deportation. Ein Aufgebot von etwa 250 Palmach-Kämpfern sollte die Flüchtlinge befreien und sie anschließend zu einem nahegelegenen Kibbuz transportieren; von dort aus sollten sie dann in den Untergrund geschleust werden. […] Jitzchak bedeutete die Operation sehr viel, weil diese Menschen den Holocaust überlebt hatten, nur um erneut interniert zu werden – diesmal von den britischen Behörden. Die Rettungsaktion sollte in der Dunkelheit beginnen. Vertrauensleute im Lager hatten den Stacheldrahtzaun aufgeschnitten und die Schlagbolzen der arabischen Hilfstruppen zerbrochen, so dass die Waffen harmlos klickten, als die Palmach-Rebellen erschienen. Die erste Schwierigkeit lag darin, die Überlebenden so schnell wie möglich in die bereitstehenden Fluchtfahrzeuge zu schaffen. „Die Einwanderer wollten sich um keinen Preis von ihren Bündeln trennen“, sagte mir Jitzchak später, „denn dies waren die einzigen Habseligkeiten, die ihnen geblieben waren.“ Anschließend musste die Gruppe über den Berg Karmel geführt werden, wobei die Palmach-Kämpfer viele von ihnen, namentlich die Kinder, huckepack über den Berg trugen….Als sich die Briten anschickten, den Kibbuz, der als Zwischenstation vorgesehen war, zu durchsuchen, strömten Tausende von Juden aus Haifa herbei, um menschliche Barrikaden zu errichten und sich unter die Holocaustüberlebenden zu mischen, so dass die Briten außerstande waren, die befreiten Flüchtlinge aus der Menge auszusondern. Die Operation war ein durchschlagender Erfolg, denn die Briten gaben schließlich frustriert auf.“

Aufgrund dieser Aktivitäten wurde Rabin im Juli 1946 von den britischen Truppen verhaftet und zu sechs Monaten Haft verurteilt. Nach seiner Freilassung erlangte er im Oktober 1947 die Position des obersten Planungsoffiziers. 1948 heiratete er seine Frau Leah.

Die Rolle der Briten im Nahostkonflikt ist von jeher nicht die Beste gewesen. Juden wie Arabern wurden zig Versprechungen gemacht, die opportunistisch schnell wieder gebrochen wurden bzw. von vornherein unerfüllbar waren. Kolonialherren dürfen das ja. Auch in Anbetracht dieser historischen Vorgänge sollten die Briten vielleicht heute etwas bescheidener sein, wenn es um Kritik an Israel geht. Dies aber nur am Rande.

Die Politik der Briten wurde bald international geächtet, anlässlich des Falles der Exodus schaltete sich sogar US-Präsident Harry Truman ein und versuchte die britische Regierung zum Umdenken zu bewegen. Schlußendlich wurde der britischen Mandatszeit ein Ende erteilt und der Staat Israel wurde in den- vom UN-Teilungsplan determinierten- Grenzen ausgerufen. Dies jedoch führte zum Krieg mit sechs arabischen Staaten, die einen jüdischen Staat in Palästina, völlig unabhängig von seiner Grösse, nicht akzeptieren wollten.

Während des Unabhängigkeitskriegs 1948 befehligte Rabin bei der Verteidigung Jerusalems die Harel Brigade und kämpfte im Negev als Stellvertreter Jigal Allons, der Chef des südlichen Frontabschnittes war, gegen die Ägypter. Im Jahre 1949 handelte er als Delegierter der israelischen Waffenstillstandsdelegation auf Rhodos das Waffenstillstandsabkommen von 1949 mit Ägypten mit aus. So begann der politische Aufstieg eines tapferen Kämpfers.

Nach dem Krieg wurde Rabins Einheit der Palmach von Ben Gurion aufgelöst und Rabin wurde als einer der wenigen Offiziere in die Armee Israels übernommen. Er besuchte im Folgenden einen Kurs Chaim Laskows für Bataillonskommandeure. Nach einem kurzen Zwischenspiel als Leiter dieses Kurses wurde er von Jigael Jadin in den Generalstab befördert. Hier war er Chef der Operationsabteilung der Armee Israels. 1952 ging er mit seiner Familie nach England und besuchte dort das Royal Staff College in Camberley. Der einjährige Lehrgang fand 1952/53 statt.

Von 1953 bis 1956, jetzt ein Generalmajor, übernahm Rabin die Leitung der Ausbildung der israelischen Armee, seine erste Aufgabe auf dem neuen Posten bestand darin, eine Generalstabsakademie für die israelische Armee aufzubauen; danach wurde er Befehlshaber der Truppen an der syrischen Grenze Israels. An der Sinai-Kampagne von 1956 war er deshalb kaum beteiligt.

Am 24. Januar 1961 wurde Rabin zum stellvertretenden Generalstabschef und am 1. Januar 1964 zum Generalstabschef (auf Hebräisch: רמטכ“ל, sprich: Ramatkal) der Tzahal ernannt. Unter seinem Kommando errang die Tzahal einen umfassenden Sieg über Ägypten, Syrien und Jordanien im legendären Sechstagekrieg. Nachdem die Altstadt von Jerusalem von der Tzahal erobert worden war, war Rabin einer der ersten, die die Altstadt besuchten.

Löwentor

Rabin zusammen mit Verteidigungsminister Mosche Dajan und dem IDF-General Uzi Narkis beim Durchschreiten des Löwentors, welches übrigens direkt zur Via Dolorosa führt.

Israel und das jüdische Volk entgingen im Sechstagekrieg nicht nur gerade nochmal der drohenden Vernichtung durch die feindlichen Nachbarstaaten, sondern errangen auch einen glorreichen Sieg, von dem viele damals noch dachten, er brächte nun den endgültigen Frieden durch ein Einlenken der Araber, welches jedoch leider nicht erfolgte.

Nach dem Krieg hielt Rabin eine berühmt gewordene Rede in der Hebräischen Universität von Jerusalem auf dem Skopusberg, nachdem er von der Universität mit der Ehrendoktorwürde der Philosophie geehrt worden war. Er nahm den Preis im Namen der ganzen Armee an, die sich – so sagte er in der Dankesrede – nicht nur in ihrer spirituellen Größe, dem Trauern um die Opfer des Feindes, von allen anderen Armeen in der Welt unterscheide. Sie habe auch auf anderen Gebieten einen Sonderstatus in der Welt und nicht umsonst 1966 den Israel-Preis für Erziehung bekommen.

Unsere Kämpfer siegten nicht aufgrund ihrer Waffen, sondern aufgrund ihres Sendungsbewußtseins, ihrer Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Sache, ihrer tiefen Liebe zu ihrem Heimatland und der Einsicht in die schwierige Aufgabe, die ihnen anvertraut wurde, nämlich die Existenz unseres Volkes in seiner Heimat zu sichern und selbst um den Preis des eigenen Lebens das Recht des jüdischen Volkes zu verteidigen, in einem eigenen Staat zu leben – frei, unabhängig und in Frieden.

Im Dezember 1967 gab Rabin seinen Posten als Generalstabschef an seinen Nachfolger Chaim Bar-Lew ab und widmete sich nun der Politik und Diplomatie. Er wurde im Februar 1968 als Botschafter in die Vereinigten Staaten entsandt und vertrat dort bis 1973 die Interessen Israels. Obwohl er als sehr unerfahren gelten musste und weder gutes Englisch sprach, noch ein guter Gesellschafter war, gilt seine Arbeit in den USA als sehr erfolgreich. Rabin erkannte das Potential, das in guten Beziehungen zu den USA steckte und sah schon 1967 voraus, dass Frankreich Israel in Zukunft nicht mehr unterstützen würde, weshalb es zunehmend notwendig wurde, nach anderen Bündnispartnern Ausschau zu halten. Als Botschafter hatte Rabin zudem auch besonders engen Kontakt zu Premierministerin Golda Meïr, die er in sicherheitspolitischen Fragen beriet.

1973 wurde Rabin als Mitglied der Arbeiterpartei in das israelische Parlament, die Knesset, gewählt und diente als Arbeitsminister unter Golda Meïr. Bei den Wahlen ein Jahr später führte er die Arbeitspartei in einen Wahlsieg und wurde selber Ministerpräsident. Zuvor hatte er im April desselben Jahres Schimon Peres in innerparteilichen Wahlen knapp geschlagen. Zwischen den beiden führenden Politikern der Arbeitspartei entwickelte sich eine jahrelange Konkurrenzsituation, die jedoch durchaus von gegenseitigem Respekt geprägt war. In seiner Amtszeit fand auch die Befreiung der Geiseln eines von Palästinensern entführten Air-France-Flugzeuges in Entebbe in Uganda statt.

Nach zwei großen Krisen musste Rabin sein Amt aufgeben: Zum einen führte die Ankunft von vier F-15-Jets an einem Schabbat zum Zerbrechen seiner Koalitionsregierung, zum anderen wurde kurz vor den Wahlen ein illegales Dollarvermögen seiner Frau aufgedeckt. Rabin übernahm die Verantwortung für das Konto seiner Frau und trat 1977 vom Amt zurück. Er verblieb jedoch als Mitglied der Arbeitspartei im Parlament. Später bekannte er, in seiner ersten Amtszeit zu unerfahren in innenpolitischen Fragen gewesen zu sein.

Nach seinem Rücktritt wurde der Likud-Politiker Menachem Begin als sein Nachfolger gewählt und die jahrzehntelange Vorherrschaft der Arbeitspartei kam zu ihrem Ende, wofür Rabin von vielen Linken verantwortlich gemacht wurde.

1984 kehrte er ins Regierungskabinett zurück, diesmal als Verteidigungsminister, zunächst unter seinem alten Konkurrenten Schimon Peres, ab 1986 unter Jitzchak Shamir. Er befahl den Rückzug der IDF aus dem Libanon, dem ein in der Bevölkerung umstrittener Feldzug vorausgegangen war und versuchte die Erste Intifada in den besetzten Gebieten zu beenden. Nach dem Hinscheiden Dajans und Allons galt er als die unumstrittene Autorität Israels in verteidigungspolitischen Fragen.

Zu wahrem Weltruhm gelang Rabin jedoch als er die Chance sah, Frieden mit den Palästinensern zu schliessen, und entsprechende Vorschläge machte. Bei den Wahlen 1992 ging die Arbeitspartei zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten als umfassender Sieger hervor und Rabin wurde erneut Ministerpräsident Israels. Seinen Vorgänger Schimon Peres machte er zum Außenminister, er selbst behielt jedoch das Verteidigungsministerium. In seiner zweiten Amtszeit spielte Rabin die tragende Rolle bei den Friedensgesprächen mit den Palästinensern sowie den arabischen Ländern. 1992 kündigte er Syrien sogar einen möglichen Abzug der Truppen aus den Golanhöhen an. Im Sommer 1993 kam es dann tatsächlich zu ersten direkten Gesprächen zwischen Vertretern der PLO und der israelischen Regierung. Die Gespräche führten zum Oslo-Abkommen, das einen Abzug der israelischen Armee aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen sowie eine palästinensische Selbstverwaltung in diesen Gebieten bei gleichzeitigem Gewaltverzicht der Palästinenser vorsah. Nach einer Übergangszeit sollte ein dauerhafter Status der Gebiete ausgehandelt werden. Die Verträge wurden am 9. und am 10. September von den Beteiligten unterschrieben. Am 4. Mai 1994 erfolgte eine weitere vertragliche Regelung in Washington D.C., bei der die PLO erstmalig eine anerkannte begrenzte Autonomie für den Gazastreifen und das Gebiet um Jericho bekam. Für seine Beteiligung an diesem Prozess erhielt Rabin 1994, zusammen mit Jassir Arafat und Schimon Peres, den Friedensnobelpreis. Im Oktober 1994 kam zudem ein Friedensvertrag mit Jordanien zu Stande.

In der Folge des in Kairo 1994 endgültig bestätigten Abkommens wurden israelische Truppen aus den Autonomiegebieten abgezogen. Die PLO durfte eine Polizeitruppe von 9.000 Mann bilden, um ihrer Aufgaben der Verwaltung und Kontrolle gerecht zu werden, außerdem wurden etwa 8.500 palästinensische Gefangene freigelassen.

Am 28. September 1995 trafen Jitzchak Rabin, Jassir Arafat, König Hussein, Präsident Mubarak und Bill Clinton erneut zusammen, um das zweite Osloer Abkommen zu unterzeichnen, mit dem die palästinensische Autonomie auf den größeren Bevölkerungsteil der Araber im Westjordanland ausgedehnt wurde. Der Festakt anlässlich von „Oslo-B“ fand im Weißen Haus in Washington statt. Die Außenminister aller Länder, die mitgeholfen hatten, dieses Abkommen auf den Weg zu bringen, einschließlich des norwegischen, waren anwesend.

Mit wie viel Hoffnung jenes Abkommen damals verknüpft war, zeigt ein Auszug aus der Rede Rabins:

„Werfen Sie jetzt nach einer langen Reihe offizieller, feierlicher Erklärungen einen Blick auf dieses Podium. Der König von Jordanien, der Präsident von Ägypten, Vorsitzender Arafat und wir, der Ministerpräsident und der Außenminister von Israel, auf einer Plattform. Lassen Sie diesen Anblick tief auf sich wirken. Was Sie hier vor sich sehen, war noch vor zwei oder drei Jahren unmöglich, ja phantastisch. Nur Dichter haben davon geträumt, und zu unserem großen Schmerz sind Soldaten und Zivilisten in den Tod gegangen, um diesen Augenblick möglich zu machen. Hier stehen wir vor Ihnen, Männer, die vom Schicksal und der Geschichte auf eine Friedensmission geschickt wurden: einhundert Jahre Blutvergießen für alle Zeiten zu beenden. Unser Traum ist auch Ihr Traum. König Hussein, Präsident Mubarak, Vorsitzender Arafat, all die anderen und vor allem Präsident Bill Clinton – ein Präsident, der im Dienste des Friedens arbeitet-, wir alle lieben dieselben Kinder, weinen dieselben Tränen, hassen dieselbe Feindschaft und beten um Versöhnung. Der Frieden hat keine Grenzen.“

Die Hoffnung der ganzen Welt auf Frieden im Nahen Osten war damals sehr groß. Rabin war für viele Menschen ein einzigartiger Hoffnungsträger geworden, insbesondere für die israelische Linke und für junge Menschen. Ein Vorbild des guten Willens und der Menschlichkeit. Doch der in Oslo geträumte Traum wurde im Laufe der Jahre leider eher zu einer Art Alptraum, insbesondere durch die neuen Terrorwellen, die Israel bald heimsuchten. Bomben in Bussen, am Strand, in Cafés und Geschäften zermürbten die Bevölkerung und nicht selten wurden Rabin und Peres als Verräter beschimpft, vor allem natürlich von radikalen Siedlern. Politische Gegner wie Netanjahu sparten allerdings auch nicht mit Kritik an Rabin, wenngleich ihnen niemand eine Schuld am späteren Attentat geben sollte.

Die amtierende Regierung geriet zusehends unter Beschuss. Am Ende stand Rabin nur noch einer Minderheitsregierung vor, die in der Knesset von den Stimmen der Kommunisten und der nationalistischen arabischen Knessetmitglieder abhängig war. Neuwahlen standen unmittelbar bevor.

Am 4.November 1995 hielt Rabin am Platz der Könige in Tel Aviv (einem Platz der später nach ihm umbenannt wurde) auf einer Friedenskundgebung eine letzte, bewegende Rede. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Ja zum Frieden, Nein zur Gewalt“.

„Ich möchte gerne jedem einzelnen von Euch danken, der heute hierher gekommen ist, um für Frieden zu demonstrieren und gegen Gewalt. Diese Regierung, der ich gemeinsam mit meinem Freund Shimon Peres das Privileg habe, vorzustehen, hat sich entschieden, dem Frieden eine Chance zu geben – einem Frieden, der die meisten Probleme Israels lösen wird. … Der Weg des Friedens ist dem Weg des Krieges vorzuziehen. Ich sage Euch dies als jemand, der 27 Jahre lang ein Mann des Militärs war. (…) Gewalt untergräbt das Fundament der israelischen Demokratie. (…) Ich habe so lange gekämpft, wie der Frieden keine Chance hatte. Jetzt aber gibt es eine Chance, eine große Chance, und wir müssen sie ergreifen, denen zuliebe, die hier sind, und auch um jener willen, die nicht gekommen sind.“

Jigal Amir, ein jüdischer Fundamentalist und Rechtsextremist, passte den Moment ab, als der Premierminister die Bühne verließ und zu seinem Auto geleitet wurde und schoss auf ihn. Rabin starb kurz darauf im Ichilov-Hospital. Er wurde später am Herzlberg beerdigt. Bei seiner Beerdigung waren über 60 Regierungs- und Staatschefs, darunter auch Vertreter von sieben arabischen Staaten, anwesend. Er war der einzige israelische Ministerpräsident, der ermordet wurde. Amir wurde zur lebenslanger Haft verurteilt und bereut seine schändliche Tat bis heute nicht.

Rabin hatte, bis auf wenige Beiträge für das IDF-Organ Maarachot, verschiedene andere Zeitungen, oder Blätter der Arbeitspartei, wenig veröffentlicht. Ohne intellektuelle Ambitionen oder formelle Ausbildung – er hatte nie studiert, was beweist dass man eben auch ohne Studium weit kommen kann(!) – hat er der Nachwelt ein Vermächtnis hinterlassen. Leider wurde insbesondere Arafat demselben nicht gerecht, ebenso wenig sein Nachfolger Abbas.

Der Person Rabins wird auch in diesem Jahr anlässlich seines Todestages wieder gedacht. Auch LfL will hiermit diesem aussergewöhnlichen Mann, der viel wagte und dies letzendlich mit dem eigenen Leben bezahlt hat, gedenken. Er hat stets getan was er für richtig hielt, nach bestem Wissen und Gewissen, auch wenn er dabei manche Fehler begangen haben und Fehleinschätzungen unterlegen sein mag. Wenn es möglich ist, Frieden zu schliessen (natürlich nicht um jeden Preis und auch nur wenn es sich um einen wirklichen, gerechten Frieden handelt, der Israel Sicherheit gewährleistet!), sollte man versuchen diesen Frieden zu erlangen. Abstriche hierfür hat Israel ja schon etliche gemacht. Aber Appeasement geht gerade gegenüber Arabern leider immer mit einer gewissen Gefahr einher. Auch dies sollte vor allem den oft naiven Europäern aber endlich mal klarwerden.

Seit Rabins Tod gab es nunmehr eine zweite Intifada, den Abzug der IDF aus dem Gazastreifen mit dem traurigen Resultat eines dort stattfindenden Bürgerkriegs zwischen Fatah und Hamas, in dessen Folge radikale Islamisten dort die Kontrolle übernommen und einen de-facto-Terrorstaat errichtet haben, Syrien und der zudem von nuklearen Ambitionen angetriebene Iran finanzieren besagte Hamas wie die Hisbollah im Libanon, der Druck der internationalen Presse auf Israel ist grösser denn je, die Türkei, ehemals ein wichtiger Partner auf sicherheitspolitischem Plan, entfernt sich dank Erdogans AKP immer weiter vom Westen hin zur Achse Iran-Syrien, die Siedlungen im Westjordanland sind gewachsen, der Friedensprozess ist mehr als tot, die Palästinenser werden ohnehin zusehends islamistischer, es schaut schlechter denn je für eine Versöhnung, ein Ende des Konfliktes und den erhofften Frieden in der Region aus. Doch darf man die Hoffnung nie aufgeben und man muss kämpfen, politisch wie militärisch. Das können wir alle, fernab von links und rechts, von Rabin lernen.

Rabin

Es gibt nur eine radikale Lösung, Menschenleben zu schützen. Nicht Panzer. Nicht Flugzeuge. Die einzige radikale Lösung ist der Frieden. (Rabin, 1993.)

Hier noch ein schönes Video zum Thema Frieden vom 60ten Geburtstag Israels, Shiri Maimon singt Shir Lashalom, was auch Rabin kurz vor seinem Tod auf der Friedenskundgebung mitsang:

November 1, 2009 - Posted by | Großbritannien, Israel | , , ,

1 Kommentar »

  1. Ich finde, man sollte Rabin ehren mit einem jährlichen Jitzchak Rabin Friedensfestival bei dem sich Kinder aus der ganzen Welt in Jerusalem treffen und zusammen mit israelischen und palestinensischen Kindern die Mauer anmalen.

    Kommentar von sayadin | März 7, 2010


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