L for Liberty

…because liberty is not negotiable.

Auf ein Wort…

…von Norbert Bolz:

Das metaphysische System des Liberalismus besteht aus Marktwirtschaft, Eigentum, Freiheit des Einzelnen, Herrschaft des Rechts, staatlicher Sicherheit und Ordnung, formaler Chancengleichheit und Karrierechancen für jedes Talent. Der Liberale erkennt im Wettbewerb das Schicksal der Freiheit und im Recht das regulierende Supplement des Wettbewerbs. Mehr Ordnung ist für eine moderne Gesellschaft weder nötig noch sinnvoll möglich. Die offene Gesellschaft kann man nur offen halten – aber das ist den meisten zu wenig. Deshalb werden die Liberalen niemals eine „Volkspartei“ sein.
In der Größe des Liberalismus liegt zugleich seine größte Schwäche: der Wahrheitsverzicht. (…) Die Diversität der Meinungen und der Lebensstile, die Varietät der Situationen und die Spontanität der Individuen bilden das Medium einer liberalen Gesellschaft. Sie erträgt das Ärgernis, das ihr die Freiheit des Einzelnen bereitet. Ein Liberaler toleriert, dass andere anders leben und denken, als er selbst es für richtig hält. Gefahr droht der Freiheit nämlich nicht durch Unsinn, sondern durch Unduldsamkeit.
Unabhängigkeit, Selbstvertrauen, Risikobereitschaft, Mut zur abweichenden Meinung und Kooperationsbereitschaft sind die Tugenden des Liberalen.

Norbert Bolz, „Die ungeliebte Freiheit“, S.50f

Juli 30, 2010 - Posted by | Klassischer Liberalismus, Offene Gesellschaft | ,

8 Kommentare »

  1. Sehr gutes Zitat. Nur das mit dem „Wahrheitsverzicht“ ist hinterfragbar.

    Was antwortet Bolz jemandem, der fragt, wieso die Herrschaft des Rechts gut sei und wieso individuelle Freiheit und Vielfalt einer allesbestimmenden Volksgemeinschaft und Einheitlichkeit vorzuziehen sei? Wieso soll Gewalt falsch sein? Und was er auch immer antwortet, wieso soll das wahr sein?

    Letzendlich basiert der Liberalismus eben doch auf ethisch-moralischen Grundprinzipien (mit offenem Amoralismus ist die Freiheit nicht zu verteidigen!) und diversen politischen, ökonomischen und sozialen Erkenntnissen, deren Wahrheit von Subjektivisten und Relativisten aller Art in Frage gestellt wird. An der Wahrheit(-sfindung) kommt der Liberale also nicht vorbei.

    Deswegen muss man zwar jetzt nicht unbedingt sich einem streng abgeschlossenen System wie dem Objektivismus anschliessen (welches zu allen Fragen des Lebens anscheinend klare Antworten für jedermann anzubieten weiss), man sollte sich aber auf gewisse (objektive) Grundprinzipien als Rahmensetzer einigen können wie eben auf die aristotelianische „Ethik der Freiheit“, die man ja durchaus als Meta-Moral verstehen kann (da sie ja die friedliche, gewaltfreie Koexistenz unterschiedlicher Moralvorstellungen ermöglicht.)

    Kommentar von CK | Juli 30, 2010

  2. Nur das mit dem „Wahrheitsverzicht“ ist hinterfragbar.

    Klar ist das hinterfragbar, ansonsten wäre es ja wahr und würde sich selbst widersprechen. Auch diese Meinung sollte also auf dem Marktplatz der offenen Gesellschaft bestehen können.

    Letzendlich basiert der Liberalismus eben doch auf ethisch-moralischen Grundprinzipien und Erkenntnissen, deren Wahrheit von Subjektivisten und Relativisten aller Art in Frage gestellt wird.

    Nein, eben gerade nicht. Wenn Selbstbestimmung ein objektives Grundprinzip sein soll, meinetwegen, ich denke aber nicht, dass da irgendwas Festgeschriebenes, Objektives zu finden ist (was der Selbst-bestimmung widersprechen würde). Denn wenn dies objektiv feststellbar wäre, leistete man gerade dem So-Sein-und-nicht-anders Vorschub, was seinerseits wiederum Meinungtotalitarismus wäre, der dann auf praktischer Ebene in die furchtbarsten Taten münden könnte. Jeder ist auf der Suche nach Wahrheits-Findung. Der Unterschied des Liberalen zum Rechten oder Linken ist, dass er sein Resultat nicht auf andere projiziert und über sie bestimmen möchte. Das schließt nicht aus, dass er sich für etwas engagiert oder seine Hilfe anbietet, wenn jemand aus einer Zwangslage heraus möchte. Aber es ist gewiss nicht sein Bestreben anderen vorzuschreiben, was richtig oder falsch oder „objektiv“ ist.

    Kommentar von JayJay | Juli 30, 2010

  3. Sehr schön!

    „Gefahr droht der Freiheit nämlich nicht durch Unsinn, sondern durch Unduldsamkeit.“

    …, sondern durch Unduldsamkeit unangenehmer Ideen!

    mfg

    Kommentar von allat | Juli 30, 2010

  4. „Auch diese Meinung sollte also auf dem Marktplatz der offenen Gesellschaft bestehen können.“

    Jedenfalls antreten dürfen ohne verboten zu werden. Welches Produkt letzendlich auf dem Markt Erfolg hat oder auch nicht, entscheidet aber der Kunde. Viele Produkte setzen sich ja auch nicht durch und verschwinden wieder vom Markt.

    Die Aussage, dass jeder Mensch über sein Leben selbst bestimmen dürfen soll, ist bereits eine normative ethische Aussage. Die Aussage, dass jeder Mensch sein Leben einem grösseren Ganzen opfern soll, ebenfalls. Beide können solange friedlich in einer offenen Gesellschaft koexistieren, wie die Verfechter der zweiten Meinung Zwang und Gewalt zur Durchsetzung ihres moralischen Imperativs ablehnen. Die Verfechter der ersten Meinung respektieren die Rechte der Zweiten ohnehin. Ab dem Moment, wo jedoch die Moral der Zweiten Zwang und Gewalt erlaubt, spätestens dann muss der Liberale Farbe bekennen.

    Letzendlich kommt der Liberale an der Moral eben doch nicht vorbei. Wenn er will, dass seine Ideen sich durchsetzen, muss er in die wichtigen, gesellschaftlichen Debatten um Ethik und Moral einsteigen.

    Es ist ja nicht so, dass der Staat grundlos wächst und wächst. Nein, diesem Wachstum liegen gewisse moralische Überlegungen zugrunde (die Objektivisten fassen sie alle grob und für viele Menschen leider missverständlich unter „Altruismus“ zusammen), diesen muss der Liberale sich als Analytiker derselben stellen. Die Debatte, was der Staat tun darf/soll und was nicht, kann m.E. letzendlich nur durch eine moralische Lufthoheit gewonnen werden.

    Denn wenn dies objektiv feststellbar wäre, leistete man gerade dem So-Sein-und-nicht-anders Vorschub, was seinerseits wiederum Meinungtotalitarismus…

    Ein Liberaler kann gewisse Dinge einfach nicht vertreten, andernfalls wäre er KEIN Liberaler mehr.

    Ein Liberaler kann eben nicht „egal wie“ sein, andernfalls wäre er ein Nihilist. Ein Liberaler ist KEIN Nazi, KEIN Kommunist, KEIN Islamist. Weil all dies Spielformen des Totalitären sind und der Totalitarismus ist nunmal der Antipode zum Liberalismus.

    Die Frage ist, wie man den Feinden der Freiheit, der offenen Gesellschaft, der Toleranz usw. entgegentritt.

    Der Unterschied des Liberalen zum Rechten oder Linken ist, dass er sein Resultat nicht auf andere projiziert und über sie bestimmen möchte.

    Richtig. Er muss sich aber wehren wenn diese seine Freiheit attackieren (wollen).

    Aber es ist gewiss nicht sein Bestreben anderen vorzuschreiben, was richtig oder falsch oder „objektiv“ ist.

    Wie gesagt, solange die Anderen ihn in Ruhe lassen, ist es dem Liberalen völlig gleich in welchem intellektuellen Sumpf diese versinken mögen. Auch wenn er ihre Ideen kritisieren mag. Aber in den Moment, wo seine Freiheit bedroht wird, muss er mit aller moralischen Überzeugung, dass es UNRECHT ist, was ihm angetan wird und dass es moralisch FALSCH ist, dass seine Rechte verletzt werden, zu Wehr setzen.

    Ein Liberaler erkennt im Individuum die zu schützende (kleinste) Minorität mit eigener Würde, er erkennt im Menschen den Menschen.

    Kommentar von CK | Juli 30, 2010

  5. Die Aussage, dass jeder Mensch über sein Leben selbst bestimmen dürfen soll, ist bereits eine normative ethische Aussage.

    Deshalb steht da auch nichts von „sollen“, nicht mal sinngemäß. Eher von Selbstbestimmen können im Sinne von eine Vorstellung der Selbstbestimmung haben.

    Ein Liberaler kann gewisse Dinge einfach nicht vertreten, andernfalls wäre er KEIN Liberaler mehr.

    „Vertreten“?? Davon steht nirgendwo ein Wort. Man muss nicht das Christentum, Kommunisten, Hippies und Rockmusiker „vertreten“ um zu akzeptieren, dass es Christen, Commies, Hippies und Rockmusiker gibt.
    Außerdem haast du wohl den zweitletzten Satz überlesen.

    Ein Liberaler kann eben nicht „egal wie“ sein

    Was auch nirgendwo behauptet wird.

    Das Behaupten es gäbe objektive apriorische Regeln ist nur ein Schritt davon entfernt, diese Regeln auch aufzuschreiben und rechtlich den Dummen, welche sie nicht kapieren, aufzudrängen. Es geht auch ohne diesen starren Versuch alles tot abzusichern im Objektiven.

    Auch wenn er ihre Ideen kritisieren mag. Aber in den Moment, wo seine Freiheit bedroht wird, muss er mit aller moralischen Überzeugung, dass es UNRECHT ist, was ihm angetan wird und dass es moralisch FALSCH ist, dass seine Rechte verletzt werden, zu Wehr setzen.

    Schön dass durch Großschrift bestätigt wird, dass weder Bolz noch ich irgend etwas anderes behauptet haben.

    Kommentar von JayJay | Juli 30, 2010

  6. „Deshalb steht da auch nichts von „sollen“, nicht mal sinngemäß.“

    Das ist aber meine Aussage. Für mich (und auch so wie ich den Liberalismus verstehe, das ist egtl. seine Quintessenz) ist dieses Dürfen ein absolutes SOLL und ich akzeptiere nicht, dass mir das irgendeiner wegnehmen möchte. Natürlich steht es jedem frei Andere über sein Leben bestimmen zu lassen, wenn er mag. Ich will meine Sicht niemandem aufzwingen. Aber dass jeder Einzelne es erstmal darf, auch wenn er davon keinen Gebrauch vielleicht macht, ist ein SOLL des Liberalismus. Ich weiss nicht, wieso man auf solche Wörter verzichten soll, als sei ein „Soll“ bereits eine Einschränkung der individuellen Freiheit, wo es doch überhaupt erst Freiheit als Grundrecht festhält.

    Außerdem hast du wohl den zweitletzten Satz überlesen.

    Keineswegs. Nur das mit der Duldsamkeit ist so ne Sache. Es gibt Dinge, die sind nicht zu dulden. Genauso wie Toleranz dort endet wo Intoleranz anfängt, meine Freiheit dort endet wo die Freiheit des Anderen anfängt oder Gewaltfreiheit/Pazifismus dort endet wo man mit Gewalt konfrontiert wird und sich wehren muss, so endet Duldsamkeit dort, wo Unduldsamkeit sich breit macht. Im Grunde ist es ganz einfach. Tit for Tat. Leben und leben lassen. Den Freiheitsfeinden muss jedoch entschlossen entgegen getreten werden, andernfalls wird unsere Gesellschaft zerstört. Wieso ist „liberal“ für manche ein Schimpfwort geworden? Weil leider zuvieles als „liberal“ gilt, was gar nicht liberal ist. Wie Freiheit ohne Verantwortung. Oder „Anything goes“ ohne Rücksicht auf Mitmenschen. Oder Verständnis für jeden Asozialen. (Ja, mei die Gesellschaft ist doch schuld, der Arme wusste es nicht besser… blabla…) Geht es um Verletzung der Grundrechte und Respektlosigkeit gegenüber Mitmenschen, ist Liberalismus jedoch „Nothing goes“, nicht „Anything goes“.

    Das Behaupten es gäbe objektive apriorische Regeln ist nur ein Schritt davon entfernt, diese Regeln auch aufzuschreiben und rechtlich den Dummen, welche sie nicht kapieren, aufzudrängen.

    (Objektive) Rechte wie das Recht auf Leben (aus dem egtl. alle anderen Grundrechte abgeleitet werden können), nicht Regeln, wobei Rechte natürlich Regeln des Zusammenlebens (eben: Du sollst Deine Mitmenschen nicht töten) mit sich bringen. Und das will ich ja wohl auch hoffen, dass diese Regeln aufgeschrieben werden und durchgesetzt werden. Genau das ist ja mit der US-Verfassung passiert.

    Ich denke oder bin mir gar sicher, Bolz und Du, ihr seht das i.G. nicht anders als ich.

    Vermutlich reden wir hier im Thread wieder komplett aneinander vorbei. Ich will nicht alles im Objektiven absichern, bei weitem nicht alles, nur eben die Grundprinzipien, die eine freiheitliche Gesellschaft überhaupt erst möglich machen.

    Ich hab vielleicht auch einfach den Satz mit der Wahrheitsfindung missverstanden und da zuviel hineininterpretiert.

    Kommentar von CK | Juli 30, 2010

  7. Liberalismus? Metaphysik?
    Da fehlt doch ganz klar DIE UNSICHTBARE HAND DES MARTKES!
    *grins*

    Kommentar von Joël | Juli 31, 2010

  8. Da fehlt doch ganz klar DIE UNSICHTBARE HAND DES MARTKES!
    *grins*

    Sollen wir dich jetzt feiern, weil du den Unterschied zwischen Metapher und Metaphysik nicht kapiert hast?

    Kommentar von Rayson | Juli 31, 2010


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